Die Kooperationspflicht des Staates beschränkt sich nicht auf die Phase der Vorbereitung der Versammlung, sondern auch auf ihre Durchführung. Um Absprachen mit der Versammlungsleitung treffen zu können, wird die Polizei in der Regel eine Kontaktbeamtin bzw. einen Kontaktbeamten benennen.
Eine Hürde für die/den Leiter/in bei der Kommunikation mit der Polizei ist, dass es sich um eine hierarchische Organisation handelt. Kontaktbeamtinnen und Kontaktbeamte sollen zwar Absprachen er möglichen, sind aber zumeist nicht dazu befugt, Entscheidungen zu treffen. Jedes Zugeständnis bedarf daher einer Rückfrage bei der Einsatzleitung, auf die erst nach einiger Zeit eine Antwort folgt. Dies ist nicht nur umständlich, sondern hat Auswirkungen auf die Handlungsmöglichkeiten der Versammlungsleitung. „Absprachen“ erfolgen in dieser Konstellation tendenziell in eine Richtung, indem die Polizei ihre Erwartungen artikuliert. Die Versammlungsleitung muss versuchen, dieses Ungleichgewicht über ggf. mehrfache Nachfragen bei den Beamtinnen und Beamten auszugleichen.
Umstritten ist, ob die Versammlungsbehörde zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung während einer laufenden Versammlung Auflagen verfügen darf. In der Rechtsprechung wird dies angenommen, wenn die Versammlung andernfalls gem. § 15 Abs. 3 VersG aufgelöst werden müsste („Minusmaßnahmen“ → „Polizeifestigkeit“ von Versammlungen). Auch wenn § 15 Abs. 3 VersG für eine laufende Versammlung keine andere Maßnahme nennt als die Auflösung, folgt aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Behörde zu nächst andere Maßnahmen ergreifen muss, bevor sie die Versammlung zwangsweise auflöst. Es müssen allerdings die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersG vorliegen. In Bundesländern, in denen die Polizei zugleich Versammlungsbehörde ist, kommt ihr diese Aufgabe zu.
Bei mündlichen Anweisungen der Polizei kann mitunter nicht ganz eindeutig sein, ob die Behörde eine Anordnung oder eine rechtlich unverbindliche Bitte ausspricht.
© Text: Jasper Prigge, Versammlungsfreiheit: Ein Praxisleitfaden
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