Wenn Konzerte unter einem inhaltlichen Motto stattfinden, z. B. „Rock gegen Rechts“, können sie versammlungsrechtlich geschützt sein. Ob sie den Versammlungsbegriff des Art. 8 GG erfüllen, kann im Einzelfall allerdings schwierig zu beantworten sein. Derartige Veranstaltungen enthalten sowohl unterhaltende Elemente, als auch solche der Meinungsäußerung.
Der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit erstreckt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch auf solche Veranstaltungen, „die ihre kommunikativen Zwecke unter Einsatz von Musik und Tanz verwirklichen.“ Werden Musik und Tanz gezielt zur kommunikativen Entfaltung eingesetzt, um auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken, liegt eine Versammlung vor.
Um festzustellen, ob es sich um eine Unterhaltungsveranstaltung oder um eine Versammlung handelt, wird eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen sein. Das inhaltliche Motto der Veranstaltung muss in der inhaltlichen und äußerlichen Gestaltung ihren Ausdruck finden. Der versammlungsrechtliche Charakter der Veranstaltung entfällt allerdings nicht durch den Umstand, dass im Programm etliche musikalische Einlagen mit mehr oder weniger intensivem Bezug zum Motto vorgesehen sind. Es kommt insoweit darauf an, ob der Schwerpunkt der Veranstaltung bei der Meinungsäußerung oder der Unterhaltung liegt. Überwiegen die unterhaltenden Beiträge und er folgen Meinungsäußerungen nur beiläufig, ist das Versammlungsrecht nicht anwendbar.
Bei einem „Rock gegen Rechts“ wird die Meinungsäußerung im Vordergrund stehen, wenn die inhaltliche Ausgestaltung des Konzerts (z. B. Moderation, Redebeiträge, Flugblätter) und die äußerliche Gestaltung (z, B. Transparente an der Bühne) dies nahelegen. Der Schutzbereich des Art. 8 GG ist in diesem Falle eröffnet, das Konzert ist als Versammlung anzumelden.
Ist ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs hingegen nicht zweifelsfrei festzustellen, ist die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln. Auf das Niveau der Veranstaltung und des Beitrags zur Meinungsbildung kommt es dabei nicht an.
Wird für eine Veranstaltung ein Eintrittsgeld verlangt, hindert dies nicht zwingend die Annahme einer Versammlung. Lediglich kommerzielle Veranstaltungen können sich nicht auf die Versammlungsfreiheit berufen. Zumeist wird es sich bei Konzerten mit Eintritt allerdings um eine Versammlung in geschlossenen Räumen (→ Unter freiem Himmel) handeln.
© Text: Jasper Prigge, Versammlungsfreiheit: Ein Praxisleitfaden
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