Die Anmeldepflicht ist nicht strikt zu handhaben; um die Versammlungsfreiheit des Art. 8 Abs. 1 GG nicht zu stark zu beschränken sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Ausnahmen erforderlich. Unterschieden wird hier zwischen Eilversammlungen und Spontanversammlungen.
Bei Eilversammlungen ist es den Veranstalterinnen und Veranstaltern zwar nicht mehr möglich, die 48-Stunden-Frist einzuhalten, weil sich der Anlass für die Versammlung kurzfristig ergeben hat. Es ist ihnen aber möglich, die Versammlungsbehörde über die geplante Veranstaltung zu informieren – und sei es nur telefonisch. Würde in diesen Fällen auf die Anmeldefrist des § 14 Abs. 1 VersG beharrt, so hätte das zur Folge, dass Eilversammlungen von vornherein unzulässig wären. Das wäre mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nicht zu vereinbaren. Eilversammlungen sind daher anzumelden, so bald die Möglichkeit hierzu besteht. Dies wird in der Regel dann der Fall sein, wenn die Veranstalter den Entschluss fassen, eine Versammlung zu veranstalten.
Spontanversammlungen entwickeln sich ungeplant aus einem momentanen Anlass, sodass sie praktisch nicht angemeldet werden können. Sie haben daher auch keine Veranstalter und keine/n Leiter/in. Weil die Anmeldung hier aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist, entfällt die Anmeldepflicht vollständig.
Für Eilversammlungen gilt die Anmeldepflicht daher nur eingeschränkt, auf Spontanversammlungen ist sie gar nicht anwendbar.
Es gibt keine starren Fristen, wann eine Versammlung noch spontan ist und wann nicht. Aus diesem Grunde kommt es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten mit der Polizei. Diese besteht zumeist auf eine/n Leiter/in. Problematisch ist, dass gegenüber Personen, die sich nachträglich hierfür zur Verfügung stellen, zumeist Ermittlungsverfahren eingeleitet werden.
© Text: Jasper Prigge, Versammlungsfreiheit: Ein Praxisleitfaden
© Bild: Tim Wagner
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