Die Veranstalter entscheiden selbst darüber, welche Inhalte sie in die Öffentlichkeit tragen und in welcher Form sie dies tun wollen.
Die Versammlungsfreiheit ist „nicht auf Veranstaltungen beschränkt, auf denen argumentiert und gestritten wird“. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, ein Anliegen auszudrücken. Es wäre daher mit Art. 8 GG unvereinbar, von vornherein festzulegen, welche Ausdrucksformen verfassungsrechtlich geschützt sind. Mahnwachen sind aus diesem Grunde ebenso als Versammlungen angesehen worden wie Lichterketten oder Schweigeveranstaltungen. Auch neue Protestformen wie Flashmobs unterliegen dem Selbstbestimmungsrecht der Versammlung.
Gestaltungsfreiheit
Wird der Versammlung verboten, in bestimmter Weise ihr Anliegen zu äußern, greift dies in ihr Selbstbestimmungsrecht ein. Hierdurch wird die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung beschränkt. Typischerweise ist dies der Fall, wenn bestimmte Aufrufe, das Singen gemeinsamer Lieder, das Tragen von Fahnen oder Transparenten untersagt oder behindert werden. Redeverbote und vergleichbare Maß nahmen, die auf den inhaltlichen Ablauf der Versammlung abzielen, berühren ebenfalls das Selbstbestimmungsrecht.
Besonders hervorzuheben ist, dass Ausdrucksformen, die in einem inneren Zusammenhang mit dem Thema der Versammlung stehen, nicht durch das Versammlungsgesetz beschränkt werden. Das Vermummungsverbot hindert die Versammlung daher beispielsweise nicht daran, ihr Anliegen durch Verkleidungen oder Maskierungen sichtbar zu machen (→ Schutzwaffen- und Vermummungsverbot).
Es ist nicht Sache der Versammlungsbehörde zu bewerten, ob in der Versammlung geäußerte Inhalte wertvoll oder wertlos sind, ob sie sachlich oder unsachlich vorgetragen werden, ob sie begründet oder unbegründet sind. Dies gilt vor allem, wenn das Handeln von Behörden kritisiert wird. Das Recht, Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen auch scharf kritisieren zu können, gehört zum Kernbereich der Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG. Eine Grenze der Äußerungsfreiheit bilden die Strafgesetze, bei deren Verletzung die Behörde einschreiten kann.
© Text: Jasper Prigge, Versammlungsfreiheit: Ein Praxisleitfaden
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